Die unendliche Geschichte - Reiten

Stolzer Roccero.

Bevor er mir erlaubt hat, sich auf seinen Rücken zu setzen, investierten wir sehr viel Zeit. Das heisst, wir brauchen heute noch des Öfteren mal mehrere Anläufe. Zurzeit arbeiten wird vermehrt von Boden.

 

Nun aber zu unserer "Rittergeschichte"

"Na, haste da 'n Keks? HER DAMIT"

 

Mein Vertrauen in diesem Pferd war von Anfang an endlos. Niemals hätte ich geglaubt er würde mein Vertrauen ausnutzen. So starteten wir unsere Ritte ebenso natürlich wie möglich. Keine Trense sollte seiner Zunge Druck zufügen. Kein Sperr-Riemen seinen Mund zusammenschnürt.

 

Ich hätte alle meine Versprechen nichtig gemacht. Er hat es mir gedankt und war immer anständig. Niemals rannte er davon oder bockte wild über eine Wiese.

Er war bei mir und wir haben uns gegenseitig vertraut.

Bodenarbeit und Reiten kann man vermischen.
Denn nur was am Boden gelernt wurde, muss nicht auf Anhieb aus dem Sattel gelingen.

Sicherlich geht es leichter. So haben wir die gleichen Lektionen wie, Slalom, Stangenparcours, Rückwärtsgehen, das Anhalten und die Tempowechsel auch vom Sattel aus geübt.

 

Am meisten fasziniert war ich von den beiden Lektionen "Rückwärtsgehen" und "Seitwärtsgehen". Diese beiden brauchten weder Druck noch grosse Hilfestellung.

 

Rückwärtsgehen: Zügel lang lassen, Beine ein wenig nachvorne und "Zurück". Roccero geht gleichmässig rückwärts.

 

Seitwärtsgehen: Ich möchte ihn nach rechts weichen lassen. Mein Oberkörper verlagert sich leicht nach links, während mein linkes Bein ganz leichten Druck auf den Bauch gibt.

 

Mehr braucht es nicht. Faszinierend, nicht wahr?

Auf dem Viereck haben wir nach und nach auch Kunststücke aus den Zirkuslektionen aufgegriffen. So zum Beispiel am Anfang den Spanischen Schritt. Ein wenig Bein antippen von Oben und Herr Roccero erhebt sein Bein in die Lüfte. Toll macht er das!

 

Unsere Ausritte wurden dadurch auch abwechslungsreicher. Mal anhalten und seine Geduld im Stehenbleiben austesten. Ablenkung war dabei eins der besten Mittel. Roccero fand es lustig, wie man sehen kann.

Somit haben wir erneut einen höheren Level des gemeinsamen Arbeitens erreicht. Draussen irgendwelche Lektionen abzufragen ist nicht so einfach. Da gibt es manchmal so viele Gespenster und Gestalten, dass die Konzentration schnell mal weg ist. Mit Ruhe und Geduld klappt dann auch das. Und wie sich herausgestellt hat, kann eine gelibete Lektion, wie zum Beispiel bei Roccero das Plié, draussen als beruhigende Massnahme eingesetzt werden.

Gemeinsam Ausritte machen natürlich doppelt so viel Spass. So ist es in der Stadelmatt auch schon vorgekommen dass zwei Freiberger, ein Spanier und ein Tinker gemeinsam auf den Ausritt gingen.

 

Roccero war dabei sehr gelassen und liess sich auch hinter einem Tinker-"Racerpony" Cheyenne gut kontrollieren. Bis er sich gestreckt hat und realisiert hat das wir galoppieren, war Cheyenne bereits am anderen Ende des Waldes.

 

 

 

 

Weil das Ausreiten so entspannt war, konnten wir die Begleitung von Happy geniessen.

Roccero's Besitzerin hat auch einen Hund und von daher war er sich das gewohnt.

 

 

 

 

Ohne Sattel reiten, hier auf dem Bild war es das erste Mal.

Lustiger Weise fand er es damals gar nicht so schlimm. Erst danach hatten wir unsere Meinungsverschiedenheiten.

Doch ich denke, dass er vielleicht Schmerzen dabei hatte.

Nachdem das Reiten ohne Sattel nicht entspannt und für beide gleich schön war, entschied ich mich wieder einen Sattel zu verwenden. Dafür ohne "Kopfschmuck". So musste ein Halsring her.

Ich bin total begeistert von dem Halsring. Sei es bei den Zirkuslektionen oder beim Reiten. Kaum Material am Pferd aber dennoch stabil und eine gute Hilfe.

 

Auf dem Viereck haben wir erste Übungen gemacht betreffend "Wie lenkt man ein Pferd mit Halsring". Erstaunlich gut geht das.

Wie gesagt, Naturtalent Roccero.

Meinen ganzen Mut und mein vollstes Vertrauen, nochmals erneut in dieses Pferd gesteckt. Keinen Moment habe ich es bereut.

Roccero schien mir noch nie so entspannt, wie beim Halsringausritt.

Er hat sich gehen lassen und streckte seinen Hals wie eine Giraffe. Selbst im Trab und Galopp liess er sich kontrollieren. Einmal hatte er ein wenig Pfupf und rannte förmlich um sein Leben einen Hügel hinauf. Dennoch konnte ich ihn bremsen.

 

Schicker Bube, mit seinem Bosal.

Eine weitere Ausrüstung um ihn Gebisslos zu reiten.

Zur Zeit gibt es von unseren Ausritten nicht viel positives zu erzählen.

Dennoch möchte ich darüber schreiben, weil ich finde, es kann nicht immer alles nur wunderbar sein.

 

"It's been a rollercoaster ride. There have been some great moments and some low points.."

 

Neben den vielen guten Momenten, die ich mit Roccero erleben durfte, musste ich nun auch erleben, was es heisst, startk zu bleiben und nicht aufzugeben.

 

Von heute auf morgen, wie ein umgeschaltener Hebel, waren unsere Ausritte alles andere als ruhig.

Beim Losreiten war alles wie gewohnt. Total entspannt und friedlich. Bei der ersten Kreuzung, die nach Hause führt, will er da lang gehen. Fängt an schneller zu gehen und verspannt sich von Kopf bis Huf.

Kontrollieren und dem vorgesehenen Weg weiter folgen ist aber kein Problem. Dann beruhigt er sich auch wieder. Bei der nächsten Kreuzung fängt das Ganze wieder von Vorne an.

 

Am schlimmsten ist dann der Heimweg. Vorwärts los. Wenn ich die Zügel auch nur ein wenig annehme, rollt er sich auf und fängt an zu piaffieren.

Sobald ich absteige und ihn führe, ist der ganze Spuck vorbei. Auch reagiert er auf meine Zeichen für bestimmte Zirkuslektionen und führt diese aus.

 

Nun verstehen wir uns zurzeit wohl oder übel nicht beim Ausreiten.

Wir gehen nun halt einen Schritt zurück und versuchen uns erneut zu finden, indem wir das machen, was wir beide gerne mögen, die Bodenarbeit.

 

Ich glaube an uns, denn unsere gemeinsame Zeit bis anhin, zeigt unseren Ehrgeiz bereits.